Pionierarbeit
Die besten Berater der Welt für komplexe Probleme und Systeme sind die Systeme selbst.
Sie machen nicht nur Probleme. Sie liefern auch die Lösungen. Man muss nur ihre Signale erkennen, richtig verstehen und professionell auf sie reagieren. Auf dieser Einsicht basiert meine gesamte Pionierarbeit.
Ich mag das Wort Entwicklung. Aus kybernetischen Gründen lege ich überhaupt großen Wert auf eine möglichst einfache und eindeutige Sprache. Entwickeln kann man nur, was vernetzt, verwickelt, verkorkst, verknüpft, verfilzt oder dergleichen ist. Oder eben komplex, das heißt, ein Zusammenspiel vieler Faktoren, das mehr verschiedene Zustände und Ereignisse hervorbringen kann, als es die menschliche Vorstellungskraft und der beste Rechner zu erfassen imstande sind.
Komplexe Systeme
Mein Lieblingsbild für Komplexe Systeme sind miteinander verbundene Flüsse und Seen. Sie können im Fluß und in Balance sein. Es können aber auch Engpässe und Blockaden entstehen, die das System aus der Balance und aus seinen Fugen bringen.
von Selbstorganisation und Viabilität
Der Stachel, der mich seit jeher antreibt, ist das kybernetische Phänomen der Selbstorganisation, wie es mein wichtigster Lehrer Heinz von Foerster erforscht und gelehrt hat. Hier geht es um eine Emergenz, aus der Sinnvolles und Innovatitives durch das Zusammenwirken aller Elemente eines Systems wie von selbst entstehen kann.
Durch dieses Phänomen der Selbstorganisation werden u.a. Babys gezeugt, kommen die Menschen zur Welt. Durch diese Art Selbstorganisation kann man aber auch Umgebungen gestalten, in denen es sich mit geringstem Aufwand gut leben und arbeiten lässt.
Für die Spitze des Stachels, der mich antreibt, steht dabei das Kriterium der Viabilität. Denn ohne dieses Kriterium der Lebenstauglichkeit und des Passens für eine bestimmte Situation entstehen rasch Vorstellungen von unerreichbaren Utopien.
Meine Reaktion auf den Reiz dieses Stachels ist daher in Konsequenz, dass ich für nichts plädiere, was ich nicht selbst erfolgreich versucht und erlebt habe. Mein Anspruch ist also, ein Wegweiser zu sein, der den von ihm angezeigten Weg selbst gegangen ist bzw geht, Das hat nichts mit einer besonderen Eifrigkeit zu tun, sondern einfach nur damit, dass ich in eine Zeit hineingearbeitet habe, in der die Anforderungen und Umstände bereits weit schwieriger waren als es für meine Vorreiter war. Hinzu kommt, dass ich den Geburtsfehler, als weiblich geboren zu sein, in meinem Fach mit nur mit weit höherem Einsatz reüssieren konnte.
Eine Frage der Wärme
Als Lieblingsbild für das Phänomen der Selbstorganisation wähle ich gerne ein Ei, in dem ein Küken ausgebrütet wird. Ein solches Ei braucht nur Wärme, dann entsteht das Küken quasi wie von selbst, und zwar durch kybernetische Phänomene.
Soziale "Wärme" ist für mich Pruckner keine moralische Frage, sondern eine von Intelligenz und Pragmatismus. Frierende oder überhitzte Muskeln können nicht viel leisten, Menschen in sozialer Kälte oder überhitzten Stimmungen ebenfalls nicht.
Thermodynamik
Menschen, Lebewesen und Maschinen, die Leistung bringen sollen, brauchen konkret und sinnbildlich die passende Temperatur. Daher ist lieb sein allein in vielen Fällen keine große Hilfe. Manchmal braucht es eine Abkühlung. Manchmal muss etwas befeuert werden.
Aber was, wie und warum eigentlich?
Als ich mich in jungen Jahren diese Fragen gestellt hat, ahnte ich nicht, wie viel sie mit der Thermodynamik zu tun haben (deren ursprüngliche Frage war, wie man Wärme in mechanische Arbeit umwandeln kann). Aber ich habe grundsätzlich bei den Besten nach Antworten gesucht.
System Sciences
So kam es durch intensive Pionierarbeit zu meinen Entwicklungen. Sie stammen aus jahrzehntelangem Studium der Systemwissenschaften,insbesondere der vielfach missverstandenen Kybernetik und anderer Systemtheorien, die heute zu den System Sciences oder Systemwissenschaften verschmolzen sind, dem Studium damit verbundener Gebiete, die sich mit Information, Kommunikation, Lernen, Erkenntnistheorie, Philosophie, Neurobiologie, Kognitionspsychologie, AI, Robotik, Ökonomie, Soziologie, usw., auseinandersetzen.
Auf diesem Weg kam es zum konsequenten Anwenden dieser Erkenntnisse auf Fragen des Problemlösens, Managements und der Führung, und zur engen Zusammenarbeit mit international führenden Wissenschaftlern.
Systemtheorie, Kybernetik & Co
Die ersten entscheidenden Erkenntnisse über die besondere Natur von komplexen Systemen wurden 1948 von Norbert Wiener mit seinem Buch Cybernetics (Kybernetik) und 1949 von Ludwig von Bertalanffy mit seiner Allgemeinen Systemtheorie publiziert. Bald darauf folgte die Lehre der System Dynamics von Jay W. Forrester und die Chaostheorie mehrerer Autoren. Heute fasst man diese Lehren unter dem Begriff System Sciences / Systemwissenschaften zusammen.
Eine besondere Rolle spielt für mich die Allgemeine Kybernetik, weil sie sich auf Systeme konzentriert, die Zwecke und Ziele verfolgen und weil sie das Gemeinsame am Funktionieren
aller Arten von lebenden und technischen Systemen hervorhebt.
Das Zusammenspiel von Mensch und Maschine hatte ich in der Medizin früh kennengelernt,
durch Maschinen, die Menschen am Leben erhalten und Menschen, die solche Maschinen erfinden und am Laufen halten. Heute ist das - Schlagwort Digitalisierung - das zentrale Thema der Wirtschaft.
Systemorientiertes Management
Dass die Kybernetik, als Systemwissenschaft für komplex-dynamische Systeme, die Zwecke und Ziele verfolgen, die sicherste Basis für eine allgemein verlässliche Managementlehre sein könnte, erkannte als erster der Brite Stafford Beer. Seine erstes Buch dazu erschien 1959: Cybernetics and Management.
Stafford Beer ist der Begründer der Management-Kybernetik. Seine Konzentration lag auf der Frage, was ein Unternehmen lebensfähig macht und welche Parameter die effektive Organisation, Steuerung und Regulierung von Unternehmen erfordert. Von ihm stammt das Viable System Model (Modell lebensfähiger Systeme) und die erste Organisationsmethode für die effektive Kommunikation in Großgruppen: die Syntegration.
1972 publizieren die Professoren Hans Ulrich und Walter Krieg von der damaligen Hochschule St. Gallen, aufbauend auf den Arbeiten von Stafford Beer, das St. Galler Management-Modell und entwickeln die St. Galler Systemorientierte Managementlehre.
Sie zeigten v.a. das Wirkgefüge und die Parameter eines Unternehmens auf, die nach Gestaltung und Führung verlangen.
Etwa zur selben Zeit begann Wolfgang Mewes, ein deutscher Betriebswirt, mit der Entwicklung des bislang wohl schlagkräftigsten und einfachsten Konzepts zur Strategieentwicklung, das auf solide angewandter Kybernetik basiert: die Engpasskonzentrierte Strategie.
All diese Entwicklungen stehen für einen Paradigmenwechsel im Management. Es wurde der deutliche Unterschied zwischen den Fragen der Verwaltung/Betriebswirtschaftslehre und
dem Führen eines Unternehmens sowie in einem Unternehmen aufgezeigt. Basis dieses Managementdenkens waren nicht mehr die eine oder andere Wirtschaftstheorie, der gesunde Hausverstand, die Intuition oder die Erfahrung besonders erfolgreicher Menschen,
sondern die System Sciences. Denn diese zeigen auf, weshalb Management überhaupt erforderlich ist und weshalb es dafür valide wissenschaftliche Grundlagen und Lehren braucht: Alles, worauf es in einem Unternehmen ankommt, weist die Charakteristik komplexer Systeme auf: Menschen, soziale Gruppen, organisatorische Einheiten, die IT, Lieferanten, Märkte, usw. Ihre wichtigsten Grundmerkmale: Sie funktionieren eigendynamisch und sie generieren mehr Information, als das menschliche Gehirn erfassen kann. Das macht effektives Management einerseits alles andere als einfach, andererseits verbietet es eine Beliebigkeit, die nur auf Vorlieben, persönlichen Meinungen und Interessen basiert.
Peter Turrini trifft die heutigen Anforderungen in einem Satz auf den Punkt: "Wir sind die informierteste und gleichzeitig ahnungsloseste Gesellschaft, die je existiert hat." Die hier vorgestellten systemwissenschaftlich basierten Management-Konzepte sind unter anderem Relevanzfilter, welche die Aufmerksamkeit auf die entscheidenden Parameter steuern und
so dafür sorgen, dass nach den relevanten Informationen gesucht wird, anstatt sich von einer Signal-, Daten- und Nachrichtenflut in den Orientierungsverlust und ungünstige Entscheidungen treiben zu lassen.
Management für den Kopf
Als ich 1976 meine Ausbildung in Allgemeiner Gesundheits- und Krankenpflege begann,
war mein Interesse an den Fragen der Unternehmensführung zwar durch meinen Vater schon angeregt, standdamals aber keinesfalls im Vordergrund. Doch in meinen ersten Tagen an einer Klinik stieß ich in einem Buch über die Berufskunde der Krankenpflege
erstmals auf einen kybernetischen Regelkreis. Für mich war das damals die erste Theorie, der ich auf Anhieb Glauben schenken konnte und die ich fraglos nützlich fand. Denn mein Interesse galt grundsätzlich verlässlichen Theorien, welche die Praxis so beschreiben wie sie ist. Damals war mir noch unerfindlich, weshalb es überhaupt andere Theorien geben sollte.
In der Konfrontation mit diesem ersten kybernetischen Regelkreis enstand meine Neugierde
für eine Theorie der Praxis, des Funktionierens an sich. Mit der Kybernetik hatte ich diese gefunden und damit das, was ich als Anfängerin in meiner neuen hoch dynamischen und komplexen Umgebung am Dringendsten brauchte: Management für den Kopf.
Dank der großartigen Hilfe großartiger Mentoren, die mir die nötigen, aber schwer auffindbaren Bücher besorgen halfen, konnte ich mir ab dieser Zeit die Kybernetik erobern. Schritt für Schritt: Ein Prinzip ausprobieren, beobachten wie es funktioniert und dann studieren, weshalb es funktionierte, wie es funktionierte.
Durch dramatische Zwischenfälle in Kliniken wurde mir früh bewusst, was mit der enormen Stör- und Fehleranfälligkeit Komplexer Systeme in den Büchern gemeint war. Ebenso, dass die Frage nach der Ursache und Schuld nicht ohne Weiteres fair zu beantworten war. Menschen in Gesundheitsberufen müssen für ihre Fehler persönlich haften. Es sind eigenverantwortliche Berufe, mit denen man, wie es heißt, "immer mit einem Fuß im Gefängnis steht".
Aber wen macht man dafür verantwortlich, wenn "das System" für Störfälle verantwortlichnist? Wer sollte verurteilt werden? War das überhaupt die richtige Frage? Sollte sie nicht lauten: Was macht man dafür verantwortlich, wenn Störfälle auftreten? Und: Wie vermeidet man sie?
Meine ersten Versuche, die Prinzipien der Kybernetik bei meiner Arbeit mit Patienten anzuwenden, zeigten mehr als überzeugende Erfolge. Für mich wurde ihr bald klar, dass nicht nur Führungskräfte den effektiven Umgang mit hoher Komplexität und Dynamik beherrschen sollten, sondern alle Mitarbeiter, alle Erwachsenen. General Management für Führungskräfte reichte mir nicht. Ich wollte ein Management for everyone and everything
Komplexe Systeme,
Kliniken und Fehlerpolitik
Anfang der 1990er-Jahre hatte ich die System Sciences im Selbststudium und mithilfe großartiger Mentoren so weit durchdrungen, dass ich keinen Zweifel mehr daran hatte:
Die Aussagen aus den System Sciences, insbesondere aus der Kybernetik, die sich in meinem Berufs- und Privatleben bislang bewährt hatten, entsprachen dem Schema der Spitzenmedizin in Fragen der Diagnostik, Prognostik sowie dem Entwickeln, Umsetzen,
Evaluieren und Adaptieren einer Behandlung. Was also, so mein Schluss, die Medizin für den Organismus ist, können die System Sciences für Organisationen und andere Systeme sein.
So wie die Medizin ihre Modelle vom Aufbau und der Funktionsweise des Organismus hat, begann ich ab 1992 Modelle der universell gültigen Konfiguration und Funktionsweise des Problemlösens, Managens und Führens informationsabhängiger Systeme zu entwickeln,
also von Menschen, Maschinen, IT-Systemen, Mensch-Maschine-Systemen und
von produktiven Systemen wie Unternehmen, Institutionen an sich.
1992 wechselte ich meinen Beruf, um mich voll auf meine Interessen konzentrieren zu können. Nachdem 1989, im Geburtsjahr meiner Tochter, in Österreich eine Reihe von Morden an Patienten durch Pflegekräfte aufgedeckt worden waren, wurde ich für ein marktführendes Unternehmen zur Entwicklerin von Krankenhausorganisationssystemen. Einseits entwickelte ich ein Konzept für eine Patientenzentrierte Krankenhausorganisation, andererseits integrierte Informations-, Kommunikations-, Organisations- und Dokumentationssysteme, die auf eine wirksame Fehlerprävention ausgerichtet waren.
Patientenmorde begannen sich zu häufen, als typisches Anzeichen unbeherrschter Komplexität. Das verlangte von mir eine kompromisslose Offensive für eine kluge Fehlerpolitik im Gesundheitswesen in aller Öffentlichkeit. Eine Gratwanderung: Einerseits waren über die Medien verängstige Patienten zu beruhigen, die sich trotz schwerer Erkrankung weigerten, eine Klinik aufzusuchen, andererseits waren Systemverantwortliche zu massiven Veränderungen zu bewegen und äußerst neurotisch motivierte Widerstände und Angriffe gegen einen klugen Umgang mit Mängeln und Fehlern zu überwinden. Ich war daher trotz aller Fortschritte und Erfolge sicher: Ich hatte die Kybernetik noch nicht gut genug verstanden.
Mein Privatstudium
bei Heinz von Foerster
In denselben Strukturen müssten laut damals und auch heute noch gängigen Managementlehren dieselben Verhaltenmuster auftreten. Meine Beobachtungenwaren andere: Im selben Betrieb gab es Teams, die mit viel Freude an ihrer Arbeit täglich Höchtsleistungen und immer wieder auch Innovatives hervorbrachten, und gleichzeitig auch solche, in denen vieles daneben ging und die Stimmung schlecht war. An den Strukturen und der Unternehmensführung konnte das also nicht liegen.
Für eine intelligente Fehlerpolitik und -prävention mussten meine Lösungen zwangsläufig auf den Erkenntnissen von Heinz von Foerster aufbauen. Erst er hatte mit seiner Kybernetik Erster und Zweiter Ordnung das Beobachterproblem aufgezeigt und in das kybernetische Denken integriert. Das Beobachterproblem sah ich damals sowohl für das Entstehen von Fehlern als auch für das Entstehen von intelligenten Systemen verantwortlich. Ich vermutete damals, auch für das Phänomen der Selbstorganisation.
Die Primärliteratur der System Sciences liefert wahrlich harte Nüsse, und sie ist für Leser, denen wie mir die höhere Mathematik nicht vertraut ist, vielfach undurchdringbar und eine Quelle fataler Missverständnisse. Die Folgeliteratur strotzte daherbereits von Widersprüchen.
Nun brauchte ich den kundigsten aller Lehrer.
Zu meinem großen Glück stellte sich genau zu dieser Zeit heraus, dass mein Stammwirt der Bruder von Heinz von Foerster war: Uzzi Förster, ein Wiener Jazzmusiker und Avantgardist,
der mit dem Club Einhorn ein Jazzcafe betrieben hatte. Uzzi war damals nicht mehr am Leben, aber seine Frau Gerda brachte mich umgehend mit Heinz von Foerster zusammen.
Ich wurde bis zu seinem Tod seine enge Schülern, wir wurden enge Freunde und
mir wurden Einblicke in die Kybernetik eröffnet, die nirgendwo nachzulesen waren.
SOLL und IST
Diagnose und Prognose,
SolutionDesign und Adaption
Wo echte Intelligenz herrscht, erkennt man rasch den Unterschied zwischen Ist- und sinnvollen Sollzuständen und man findet rasch heraus, wie man einen Sollzustand herstellen kann. Unter der wissenschaftlichen Begleitung von Heinz von Foerster evaluierte und adaptierte ich meine bislang entwickelten Modelle, die diese Unterscheidungen und Lösungen ohne Umwege erlauben.
Dabei geht es in vielfacher Hinsicht um doppelt geschlossene Regelkreise, ebenfalls eine Spezialität von Heinz von Foerster, die ich bis dahin nur intuitiv verstanden und umgesetzt hatte. Mit seiner Hilfe wurde mir klar, weshalb es bei hartnäckigen und unlösbaren Problemen, aber auch bei genialen Systemen darum gehen muss, diese doppelten Schließungen zu finden.
Meine entscheidenden Modelle sind doppelt geschlossene Regelkreise, um auch die hartnäckigsten Probleme erfassen und die unlösbaren erkennen zu können. Das macht meine Entwicklungen bislang einzigartig. Sie setzen zudem an den Vorgängen in Neuronen und Nervensystemen an und damit auch beim Problem des Beobachtens, Wissens, Denkens und des Stress als Auslöser von Mängeln und Fehlern erster Klasse.
Während sich die Modelle meiner Vorgänger auf der Ebene der Mikroökonomie bewegen, liegen imeine Modelle quasi auf der "Nanoebene" der Informationsverarbeitung in lebenden, sozialen und technischen Systemen. Das klingt kompliziert, ist aber ganz einfach. Denn anwenderfreundlich dargestellt, zeigen sie genau das, was jeder kennt und versteht.
Meine Modelle zeigen gleichzeitig den Sollzustand, die wahrscheinlichste Entwicklung aufgrund des Istzustands und die systemgerechte Lösung eines Problems. Und zwar in konkreten Parametern, die es auch bemühten Laien erlauben, zu erkennen, was nötig ist.
Mit dieser Aussagekraft heben sich meine Modelle von jenen meiner Vorgänger ab. Meinen Anspruch, die Black Box dürfe im Management nicht großer sein als jene in der Medizin, habe ich damit eingelöst.
Die Patientenrechte
und St. Gallen
Alles, was Unternehmen voranbringt, basiert auf Kooperation. Für die Sicherheit der Patienten und Fachkräfte in Kliniken bedeutete das, den Patienten als Prosumenten, also als Mitarbeiter an der Lösung seines eigenen Problems zu betrachten. Diese Anforderung gilt heute auch in der Wirtschaft und Politik.
Mit einer breiten Aufklärungskampagne über die Bedeutung und Umsetzung der Patientenrechte in Österreich im Auftrag der NÖ Patienten- und Pflegeanwaltschaft und
der Entwicklung eines ethisch und fachlich belastbaren Konzepts für Patientenverfügungen um die Jahrtausendwende, die auf der Anwendung ihrer kybernetischen Modelle basierten, beendete ich meine 25 Jahre Pionierarbeit im Dienste des Gesundheitswesens
und einer Patientenzentrierten Krankenhausorganisation.
Heinz von Foerster regte zu dieser Zeit eine Zusammenarbeit mit Fredmund Malik an.
Ich übernahm in Maliks Auftrag die Rolle eines Sparringpartners sowie die öffentliche Aufklärung über die Bedeutung von Komplexität im Management und der Kybernetik.
Damals produzierte ich zahlreiche Publikationen und Web(inter)aktionen, mit einfachen Worten auf populärwissenschaftlicher Ebene.
Das Internet wurde in dieser Zeit zur Selbstverständlichkeit. Die ersten Breitbandverbindungen und spätestens das Web 2.0 fungierten als starke virale Treiber.
Der Begriff "Komplexität" wurde rasch übernommen, und verkam ebenso rasch, wie fast alle wertvollen Management-Konzepte, zum Buzzwort. Während gerade noch fast kein Mensch von Komplexität gesprochen hatte, wuchsen nun Komplexitätsexperten wie die Pilze aus dem Boden. Das Thema und die Angebote dazu wuchsen exponentiell an.
In diesem Jahrzehnt war für mich daher nur noch eine Frage zu klären: Kann es jemals gelingen, Management zu einem standardisierten Beruf zu machen, der auf einer soliden Wissenschaft und standardisierten Lehre basiert und einer entsprechenden Forschung und Entwicklung? Und wenn ja, wie?
2009 war für mich klar: Diese Vision würde wohl eine bleiben, die bestenfalls erst nachfolgende Generationen verwirklichen würden, wenn es dann nicht zu spät wäre. Denn:
Entropie
und die Komplexitätsfalle
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich zahlreiche Systemstudien, Selbstversuche und kontrollierte Experimente gemacht, um genug Klarheit über das Phänomen der informativen Entropie in der Gesellschaft zu bekommen - über den zunehmenden Informationsmangel bis zum Chaos und der totalen Auflösung von Unterschieden.
Was damals noch etwas utopisch anmutete, ist heute mit Fake-News, Cyber-Mobbing und von Affektinkontinenz getriebenen Postings mit all ihren kritischen bis fatalen Folgen trauriger Alltag.
Viele, viele Jahre verbrachte ich viele Stunden in Theatern, um die kybernetischen Phänomene in ihren konkretesten Erscheinungsformen zu studieren, weil hier die Verwirklichung von Vorstellungen und die Interaktion zwischen Anbietern und Abnehmern am besten beobachtet werden können. In zahlreichen eigenen und anderen Internetforen sowie anhand mehrerer jahrelang geführter Blogs beobachtete ich die gängigen Denkmuster, deren Wandel und das Entstehen von Missverständnissen über systemwissenschaftliche Inhalte.
Anhand aufwändiger Pilotprojekte in den verschiedensten Branchen und Bereichen testete ich meine Modelle, Strategien und Methoden. Die Ergebnisse all dieser Studien publizierte ich vorübergehend im Web, manche davon auf Dauer in Büchern, um die Reaktionen zu beobachten.
2005 publizierte ich mein bewusst hässlich gestaltetes Buch DIE KOMPLEXITÄTSFALLE. Denn zumal immer mehr auf die Optik und immer weniger auf die Inhalte reagiert wird, konnte ich so sicherstellen, die wertvollen Reaktionen jener Leser zu gewinnen, welche sich auf den Inhalt konzentrieren konnten.
Auch hier wurde der Titel "Komplexitätsfalle" wurde als Schlagwort breit übernommen,
und die Aussage dahinter bis auf wenige Ausnahmen ignoriert oder missverstanden.
Kaum war dieses Buch publiziert, wurden von anderen die ersten Seminare über die Komplexitätsfalle angeboten. Ich selbst habe zwei Jahre länger gebraucht, um ein wirksames Seminar zu geben. Heute werden die Muster und Warnungen, die ich in meinem Buch
DIE KOMPLEXITÄTSFALLE beschrieben habe, in vielen anerkannten Publikationen bestätigt.
Heute bestätigt sich vor allem auch das Phänomen der Entropie: Durch ungelösten Informationsmangel entsteht immer mehr ungelöster Informationsmangel. Nicht das Daten- und Signalangebot sorgt für eine ausreichende Informationslage, sondern ob und wie es verarbeitet wird. Alles steht und fällt mit der Lernbereitschaft und Lernfähigkeit.
Mit dem Prinzip fake it till you make it erreicht man weder das eine noch das andere. Das Geistige lässt sich nicht faken, aber Dumme lassen sich leicht täuschen. Doch mit Fakes und Täuschungen kommt kein Unternehmen, keine Wirtschaft und keine Gesellschaft voran.
Management im Kopf
Zweifellos komme es mit zunehmender Komplexität und Dynamik mehr und mehr darauf an, was Problemlöser und Manager spontan in ihrem Kopf abrufen können, und zwar auch noch unter Stress. Auch diese grundlegende Erfahrung hatte ich aus meinen Klinikjahren mitgenommen.
Gelungenes Management beginnt mit einem Management im Kopf, das auf das professionelle Erkennen von entscheidenden Mustern und Wirkprinzipien ausgelegt ist.
Ich kehrte von nach meiner intensiven Auseinandersetzung mit der St. Galler General Managementlehre zur puren Kybernetik zurück. Diese nämlich bleibt bislang die einzige Managementlehre, die ich bisher kennengelernt habe, die immer und überall funktioniert, nämlich auch dort, wo es viel zu wenig Zeit und Information gibt und dort wo nichts mehr klappt.
Mit kompakten realistischen Modellen kann man komplexe Verhältnisse auch unter hohem Stress noch geistig erfassen und verarbeiten. Auch diese Erfahrung hatte ich aus der Medizin mitgenommen. Durch das Arbeiten mit übersichtlichen validen Modellen wird verlässliches Wissen zur sicheren Intuition, die einem auch in extrem fordernden Situationen professionell handeln lässt. Das ist nichts Neues, in allen Blaulicht-Berufen und auch beim Militär selbstverständlich. Ich ging, wie schon so oft, in eine radikale Klausur. Kein Kontakt mit irgendwem, nur mein Gehirn mit meinem Gehirn und meine Hände mit Papier, Stiften und dem Computer.
KyPendium und erste Schüler
In meiner Klinikzeit hatte ich, wie die meisten Fachkräfte, ein kleines Notizbüchlein mit Index bei sich, in das sie alle wichtigen Hinweise eintrugen, die für bestimmte Situationen, Methoden oder Aufgaben wichtig waren, die neu waren oder nicht täglich vorkamen, also leicht vergessen werden konnten. Es waren Management-Systeme für die Brusttasche.
Beim Anblick der vielen dicken Ordner, die ich aus meinen Managementausbildungen und -seminaren mitbekommen hatte, musste ich mich nicht wundern, weshalb sich so wenig aus der soliden Managementtheorie in der Praxis etablierte. Ein integriertes Managementsystem für die Brusttasche musste her.
Ich entwickelte mit KyPendium das erste und meines Wissens bislang einzige kybernetische Managementsystem, das sich auf die gesetzmäßigen Vorgänge des Gewinnens und Verarbeitens von Information in lebenden, sozialen und digitalen Systemen konzentriert.
Es zeigt mit Modellen jene Parameter in Systemen und deren Organisation, an denen Veränderungen und auch die kleinsten Engpässe entstehen, die jedoch zu den größten Problemen führen können.Es zeigt mit anderen Worten, worauf es für den Erfolg immer und überall ankommt,und worauf entstehende Probleme und Fehler zurückzuführen sind.
Mit den Systemwissenschaften, insbesondere mit der Kybernetik und mit Komplexen Systemen, ist es so wie mit einer Kristallkugel. Wenn man sie betrachtet, sieht man vor allem sich selbst und seine Umgebung in einem verzerrten Spiegel. Aber man kann nicht durch sie hindurchsehen. Man kann sich nur durch sie durchdenken. Praktisch jeder Mensch wählt dafür einen anderen Ausgangspunkt und Pfad, aber praktisch niemand schafft es, alles, was relevant ist, spontan, gleichzeitig oder in einer vorbestimmten Reihenfolge zu erfassen. Hier stehen nicht nur Bildungslücken, sondern auch die Natur des Gehirns,die jeweilige Verfassung und die aktuellen Umstände im Weg.
Dass man komplexe Verhältnisse nur anhand von Modellen ausreichend erfassen kann, weiß man seit Anbeginn der Kybernetik. Was diese Wissenschaft nicht geliefert hat, war, wie man anderen die Kybernetik außerhalb der Technik so unterrichten kann, dass sie diese richtig interpretieren und erfolgreich auf ihre eigenen Aufgaben und Probleme anwenden können.
Um diese Frage zu lösen, entwickelte ich mit KyPendium das erste integrierte kybernetische Managementsystem zum treffsicheren Beurteilen und Lösen von Aufgaben und Problemen,
Designen intelligenter Systeme und nachhaltiger Lösungen sowie zum Managen und Führen in Systemen.
KyPendium besteht aus einem Kompendium, das in einzelnen Modulen die entscheidenden Erkenntnisse, Prinzipien und Fragestellungen der Kybernetik als Mini-Bibliothek für die Jackentasche bereitstellt. Diese Module sind untereinander sowie mit den Parametern meiner universell gültigen kybernetischen Modelle vernetzt. Diese Modelle bilden die allgegenwärtigen Wirkgefüge ab, die für das Gelingen, Misslingen sowie die Lern- und Lebensfähigkeit von Systemen verantwortlich sind. Sie zeigen die Situationen der Praxis aus der Perspektive unterschiedlicher Schwerpunkte. Ihre Parameter stehen für jene immer und überall vorhandenen Phänomene der Steuerung und Regulierung von Systemen.
Das entscheidende Wissen, auf das es ankommt, lässt sich als Text auf der Doppelseite einer großformatigen Tageszeitung abdrucken. Wirksam wird der Text aber erst durch seine topographische Organisation in den Modulen und Modellen. Denn das Erfassen und Verstehen von Sprache funktioniert genauso wie die Orientierung im Raum. Durch die systemadäquate räumliche Anordnung der entscheidenden Inhalte wurde KyPendium zu einem höchst schlagkräftigen Werkzeug.
Nur ein Problem kann auch KyPendium nicht lösen: unzureichende Bildung. Aber es kann Bildungslücken deutlich machen und so helfen, sie zu schließen. Denn das Problemlösen und Managen verlangt nach fundiertem Wissen aus vielen verschiedenen Fachgebieten, und ein belastbares Verständnis von Wissenschaft.
Bis 2014 entwickelte ich mit SYSTEM COACHING ein strikt anwendungsorientiertes Training ON THE JOB & ON DEMAND, in dem ich seither meinen Schülern das richtige Anwenden und Interpretieren von KyPendium, beurteilen ihrer Beobachtungen sowie das erfolgreiche Entwickeln und Umsetzen nachhaltiger kybernetischer Lösungen beibringe.
Alle jene Schüler, die dieses Training ernst genug genommen haben, kennen die typischen Probleme im Umgang mit komplex-dynamischen Angelegenheiten heute sehr genau, haben sie selbst aber nicht mehr. Sie können nicht nur sich selbst, sondern auch anderen wirksam helfen, schwierige Situationen und Probleme souverän zu meistern.
InForMent -
die logische Konsequenz
nach Management
2014 publizierte ich die ersten beiden Bücher meiner Reihe KOMPLEXITÄT IM MANAGEMENT, um meinen Schülern für die Zeit vor, während und nach ihres Trainings
ein zusätzliches detaillierteres Denkwerkzeug an die Hand zu geben. Beim Verfassen des geplanten dritten Bandes stellt sich heraus: Diese Inhalte werden am besten in eine Software geschrieben. Dann nämlich erklären sie sich von selbst.
Was klar genug durchdacht ist, lässt sich kompakt und verständlich formulieren und vor allem programmieren. Die Architektur und Inhalte meines Ansatzes sind vollendet und bekommen den Namen InForMent. Mehr darüber finden Sie auf dieser Website.
Aber weshalb kommte ich damit nicht breit auf den Markt? Nun, aus kybernetischen Gründen. Es hilft nichts, wenn die einen der Zukunft zu weit voraus sind und die anderen der Gegenwart zu weit hinterherhinken. Oder anders gesagt: Es hilft nichts, wenn eine Gesellschaft zwar modern sein, aber ihre alten Regeln nicht aufgeben möchte. Ich warte auf einen Systemzustand, der mir diesen Schritt erlaubt. Bis dahin bleibt InForMent eine Basis für Insider.